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Alaska - "boom and bust" - Zyklen der Erschließung


Die abweisenden Naturbedingungen und die abgeschiedene Lage verhinderten bis heute eine dichte Besiedlung und eine intensive Erschließung Alaskas. Nur wenige Völker hatten hier - auf der „Brücke zwischen Asien und Nordamerika“ - Fuß gefasst, so die Inuit (Eskimos) an der Nord- und Westküste, die Aleuten auf der gleichnamigen Inselgruppe und Indianer mit Fischer- und Jägerkulturen im übrigen Land. Seit dem 17. Jahrhundert, also bereits mehr als 100 Jahre vor der „Entdeckung“ Alaskas durch den dänischen Foschungsreisenden V.J. Bering im Jahre 1741, setzte die Erschließung durch Russen, Briten und Amerikaner ein. Als Monopolgebiet der russisch-amerikanischen Pelzkompanie war Alaska über ein Jahrhundert im Besitz von Russland, bis es 1867 für 7,2 Mio. Dollar von den USA gekauft wurde.

„Die sogenannte Amerikanisierung und Inwertsetzung erfolgte in verschiedenen Etappen, doch der Erschließungsstil entsprach nicht der flächenhaften Besiedlung, wie im Kerngebiet der USA. Es handelte sich vielmehr um einzelne Stützpunktsiedlungen, von denen aus punktuell und vorübergehend die Ressourcen ausgebeutet wurden.“ (R. Hahn (1990): USA, S. 349)

Wie ihre Vorgänger betrieben auch die Amerikaner anfänglich vor allem Pelzjagd und Lachsfischerei, auf deren Basis sich eine kleine Industrie (Konservierungsfabriken) entwickelten, sowie etwas Holzwirtschaft im niederschlags- und waldreichen Südosten.

An der wechselnden Entwicklung der Einwohnerzahlen und der Gründung von Städten bzw. deren Bedeutungsgewinn und –verlust lassen sich anschaulich die „boom and bust“ -Zyklen der wirtschaftlichen Entwicklung festmachen.

Berichte über Goldfunde machten Alaska Ende des 19. Jahrhunderts zum „Goldland“. 1898 wurde Nome auf der Sewardhalbinsel im Nordwesten gegründet, um von dort aus die Goldvorkommen zu erschließen. In nur zwanzig Jahren, von 1890 bis 1970, vermochte Alaska bis zu einem Fünftel der Weltproduktion an Gold zu liefern. Entsprechend rasch stieg die Bevölkerungszahl von ca. 28.000 im Jahre der Übernahme durch die Amerikaner (1867) auf fast 80.000 im Jahre 1910 an. Doch schon bald ging der Anteil an der Weltproduktion auf 2 % und weniger zurück, was wiederum eine Abnahme der Einwohnerzahl auf ca. 60.000 zur Folge hatte.

Im Zusammenhang mit dem Goldabbau und weiterer Erzfunde, vor allem Silber, Zink und Kupfer, entstand 1902 die Stadt Fairbanks im Inneren des Landes. Verbunden mit der Küste durch eine Erzbahn, fertiggestellt 1927, wuchs sie schnell zur „Bergbauhauptstadt“ Alaskas heran. Heute verkörpert sie das „traditionelle Alaska“; trotz Forschungsstationen, Universität und militärischer Anlagen stagnieren Wirtschaft und Bevölkerungszahlen. Im Gegenzug entwickelte sich das 1911 gegründete Anchorage, Endpunkt der Erzbahn von Fairbanks, zum neuen Wachstumspol – basierend auf dem erzreichen Hinterland.

Der nächste Entwicklungsschub wurde während des Zweiten Weltkrieges durch den Überfall der Japaner auf Pearl Harbor 1941, die Besetzung einer Aleuteninsel sowie die wachsende Konfrontation mit der Sowjetunion ausgelöst. Wegen seiner strategischen Lage entwickelte sich Alaska zum militärischen Vorposten der USA. Militärbasen wurden ausgebaut und die Einwohnerzahl stieg auf 150.000.

Der große Boom setze 1968 mit der Entdeckung der Erdölvorkommen in der Prudhoe Bay nördlich der Brookskette bzw. nördlich des Polarkreises ein, die sich hinsichtlich Menge, Lagerung und Qualität des Erdöls als einmalig erwiesen. Besonders die Erdölkrisen 1973 und 1979 forcierten die Erschließung und Förderung – trotz der schwierigen Förder- und Transportbedingungen. Bohrinseln, Bohrtürme, Pipelines und Verladeeinrichtungen wurden gebaut. Die guten Verdienstmöglichkeiten lockten zahlreiche Spezialisten des Bausektors, aber auch Vertreter anderer Berufsgruppen nach Alaska. Bis in die jüngste Vergangenheit hielt die Zuwanderung aus dem Kerngebiet der USA an. Aber auch die Zahl der Abwanderer ist groß, die das Land wegen des harten Klimas und der Isolation auf den vorgeschobenen Baustellen verlassen. Aufgrund der lange Zeit sinkenden Weltmarktpreise für Rohöl ist seit den späten 1980er Jahren die Rohölförderung rückläufig, sodass das Bevölkerungswachstum gegenwärtig stagniert.

„Die große Fluktuation kennzeichnet das Erschließungskonzept für Alaska. Das Land wird nicht flächenhaft erschlossen und besiedelt, sondern nur punktuell ausgebeutet. Dazu gibt es ein Netz von unterschiedlich bedeutsamen Stützpunkten mit Anchorage an oberster Stelle, dann folgen wenige Städte wie Fairbanks und im Erschließungsgebiet Siedlungen wie Barrows am Nordpolarmeer als Anflugstation für die Bautrupps der Ölfelder. Als Verkehrsmittel kommt nur das Flugzeug in Frage. Mit „leap-frogging“ wird diese Raumerschließung oft bezeichnet.“ (R. Hahn 1990, S. 350/351)


Quelle: Geographie Infothek
Autor: Norbert von der Ruhren
Verlag: Klett
Ort: Leipzig
Quellendatum: 2002
Seite: www.klett.de
Bearbeitungsdatum: 15.05.2006